Donnerstag, 31. Juli 2014

Konkursprovokation

Argentinien ist mal wieder pleite, nicht wirklich aber doch faktisch, am internationalen Währungsmarkt gelten sie als nicht zahlungsfähig, da sie sich weigern ihre fälligen Anleihen an einen Finanzinvestor vollständig auszuzahlen, der sich logisch im Interesse seiner Investoren nicht auf einen Vergleich einließ, er ist Investor, nicht ein Institut der Sozialhilfe. Er will den vollen Gewinn von 1600% aus dem Land holen, der die Anleihen als Argentinien in Not war am Markt als Ramsch unter Preis einkaufte, was nach geltendem Recht völlig legal ist, weshalb alle Ausfälligkeiten gegenüber dem Finanzhai müßig sind, er tut was er muss und soll, sich auf einen Vergleich einzulassen ist nicht in seinem Interesse am Markt.

Dieser Konkurs wird prompt zu einer Abwertung Argentiniens am Markt führen, dessen Kreditniveau trotz realer Rücklagen wieder auf Ramschniveau fällt und das sich also wieder sehr teuer Geld wird leihen müssen, was die Spirale überhöhter Gewinne nach der Gesundung wieder in Gang setzt und es ist völlig legal, dass diese beschimpften Kreditgeber Staatsanleihen dann aufkaufen, um sie später mit einem astronomischen Gewinn wieder zu verkaufen. Soweit ist alles wie immer und leider der normale Wahnsinn, private Investoren können ein Land auf dem Wege der Besserung in den Konkurs stürzen und unsere Banken und Investmenthäusern verdienen gut an diesen Geschäften mit Krediten, die infolge vorheriger staatlicher Mißwirtschaft riesige Gewinne versprechen.

Trotzdem kommt großes Unbehagen auf bei dem Gedanken, dass dort ein einzelner sich auf Kosten eines ganzen Volkes bereichert mit einer Marge, die jedem sonst ehrlichen Kaufmann als unseriös erscheinen muss. Der Markt gibt genau das her werden die Befürworter argumentieren und haben insoweit Recht. Wer nicht kreditwürdig ist, muss sich unter schlechten Bedingungen Geld leihen, das gilt für Privatpersonen genau wie für Staaten und warum sollte für diese plötzlich etwas anderes gelten, nur weil sie in einer Notlage waren, dann gehen sie eben wie jedes Unternehmen, das schlecht gewirtschaftet hat Konkurs.

Dumm nur, dass es dabei wieder das Volk trifft, was mit der Mißwirtschaft ihrer Politik meist nichts zu tun hat, noch davon je profitierte, wenn das auch den meisten Mitarbeiten eines Unternehmens nicht anders geht und diese dabei oft in den privaten Konkurs fallen können, wenn der Markt ihnen nicht anderswo Arbeit gibt, sie nicht flexibel genug sind.

Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob wir diese Situation einach hinnehmen wollen oder meinen solch verrückt hohe Gewinne müssten begrenzt werden, um den Konkurs ganzer Volkswirtschaften zu verhindern.Doch fragt sich wo hier ein Hebel angesetzt werden könnte, denn wenn wir die freie Handelbarkeit von Geld und die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Staaten streng regeln, wird es für diese in Notsituationen nicht leichter, sich Geld am Kapitalmarkt zu besorgen. Den Kapitalmarkt für Staaten vollständig zu schließen, um diesen Wahnsinn der Spekulation zu beenden, mit dem auch ein Soros mit seiner Spekulation gegen das englische Pfund Milliarden verdiente, was damals ähnliche Empörung hervorrief, klingt verlockend, aber führt aber nur zum Rückzug der Kapitalgeber und die Staaten müssten erst mit sehr viel Geld eine Bank einrichten, die dann für Staaten Kredite vergibt und falls öffentliche Gelder so verwendet werden, um vorherige Mißwirtschaft auszugleichen, haben wir das gleiche Problem wie vor kurzem in Griechenland. Es bräuchte um die Verwendung der Gelder zu rechtfertigen eine Kontrollinstitution, die wiederum die sparsame Verwendung im Interesse der sich kreditgebenden Volkswirtschaften beaufsichtigte und auch diese müssten sich das Kapital erst besorgen und woraus da eine Hilfspflicht füreinander rechtlich abgeleitet werden soll, ist leider nicht ersichtlich, ob sich die betroffenen Staaten soweit in ihre Politik hineinregieren lassen wollten, um Kredite zu bekommen oder dann nicht doch lieber am freien Kapitalmarkt kurz auf Geld spekulierten in der Hoffnung damit möglichst frei ihre Interessen durchsetzen zu können, wäre noch die Frage.

Solange es einen Kapitalmarkt gibt und mit Geld gehandelt wird, scheint es fraglich, ob es einen sinnvollen Ausweg zwischen politischer Autonomie, also Freiheit und gegenseitiger Hilfe geben kann. Ob wir den Mut haben, diesen endlich infrage zu stellen, scheint sogar mehr als fraglich, da die Möglichkeit über Geld zu verfügen, Staaten eben frei macht, ihre Macht wie ihre Ohnmacht bedeutet. Eine Aufgabe oder teilweise Beschränkung der Finanzpolitik wagt noch keiner zu denken, weil eben alles seinen Preis hat oder wir das zumindest einig annehmen.

Ob wir Freiheit noch garantieren können - und für nichts anderes als die möglichst weite Garantie unserer Freiheit, haben wir Staaten gegründet, auch wenn sich diese immer mehr auf die Garantie der Sicherheit auf Kosten der Freiheit beschränken und damit eigentlich die Idee des staatlichen Wesens als Zusammenschluss zur größtmöglichen Garantie der Freiheit für jedes ihrer Mitglieder verraten, doch solange es niemanden stört und alle sich mit der vorgeblichen Sicherheit zufrieden geben, wird sich nichts ändern - wenn wir die Finanzmärkte ihrer Freiheit berauben und damit im Kern beschränken, eine zwischenstaatliche Institution schaffen, etwa bei der Weltmarkt, die allein Kredite an Staaten vergäbe, scheint mehr als fraglich. Die einzig denkbare Möglichkeit, die Abschaffung des internationalen Kapitalmarktes zwischen Staaten. ist irreal und momentan zu keiner Einigung wohl fähig. So schrecklich es klingt, scheint die Situation in Argentinien also alternativlos und fraglich scheint nur, inwieweit ein Konkurs sinnvoll noch vermieden werden könnte oder es umgekehrt gerade sinnvoll ist, Konkurs zu gehen, um bestmöglich aus der Situation herauszukommen.

Sofern Argentinien nun den eigenen Konkurs anmeldet, wird dies wohl nach relativ einheitlicher Sicht weniger katastrophale Folgen haben als der letzte Konkurs. Würde Argentinien der Forderung nachgeben, wozu sie wohl nach eigener Auskunft ökonomisch schon fähig wären, würde dies sicher den Zorn der dadurch benachteiligten Bürger erregen und die politische Situation womöglich destabilisieren, während momentan große Einigkeit über die Unnachgiebigkeit besteht, was infolge auch notwendige harte Maßnahmen intern mit breiter Mehrheit tragen könnte, was Argentinien auf lange Sicht zusätzlich stabilisierte und die Zukunftsaussichten verbesserte.

Ein Nachgeben zur Vermeidung des Konkurses, was ökonomisch wohl möglich wäre, könnte andere Gläubiger, die bis jetzt einer Eingung und einem Teilverzicht zustimmten, dazu bringen von dem Kompromiss zurückzutreten und auch den vollen Betrag zu fordern. Gelingt es Argentinien mit dem Konkurs und den dadurch zwar eingefrorenen Geldern für die anderen Gläubiger, den Kompromiss aufrecht zu halten bis zum Jahresende, zu dem für die Möglichkeiten eines Rücktrits vom Kompromiß die Frist abläuft, hätten sie sich gerettet und könnten danach eben unter großem Klagen die Finanzhaie befriedigen und kämen mit einem blauen Auge aus der Affäre und so gesehen ist das scheinbare Drama momentan womöglich ein kluger Schachzug, der Zeit bringt und Sicherheit und Präsidentin Christina Kirchner wäre, wenn es gut geht, für ihre Taktik zu beglückwünschen, die in bismarckscher Manier mit größtmöglichen Drama das maximalen Erfolg für ihr Land erreicht, um dessen Freiheit auf Dauer zu garantieren. So geht sie erhobenen Hauptes in den befristeten Konkurs und schafft sich viel Zustimmung, kann langfristiger Stabilität gewährleisten und mehr scheint momentan nicht möglich.

Damit ist die Konkursprovokation vermutlich ein kluger Schritt in die richtige Richtung, fragen sollten wir uns nur alle, ob wir in diesem System langfristig weiter wirtschaften wollen, oder dieses Beispiel nicht ein Zeichen dafür ist, dass wir das System infrage stellen sollten, um einen globalen Kompromiss zu finden, der diese faktische Ausbeutung auf Dauer verhindert, wofür die Staaten ihre persönlichen Gewinninteressen zugunsten einer globalen Lösung zurückstellen müssten, aber noch bestehen gewisse Zweifel an der Lernfähigkeit der in realer Konkurrenz miteinander am Markt agierenden Staaten, vermutlich brauchen sie hier noch Nachhilfe von ihren Bürgern.
jt 31.7.14

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